So wirkt sich der PV-Boom auf Kunden aus – Ein Artikel der „Augsburger Allgemeine“

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Die Nachfrage nach Fotovoltaikanlagen ist weiter groß. Das ruft neue Anbieter auf den Markt. Damit verkürzt sich die Wartezeit, aber es gibt auch schwarze Schafe

Seit 2015 ist der Fotovoltaik-Markt ein wachsender Markt, erzählt Wolfgang Kempfle. Er leitet ein Unternehmen, das sich auf Beratung und Installation von Fotovoltaikanlagen spezialisiert hat. Jedes Jahr sei sein Betrieb kontinuierlich gewachsen. Im Boomjahr 2022 sogar um 50 Prozent. Mittlerweile hat er 200 Mitarbeitende und seinen Standort im Lechhauser Industriegebiet – der Hauptsitz ist in Leipheim – erweitert, um der Nachfrage gerecht zu werden. Noch immer sei der Wunsch bei Privat- wie Gewerbekunden groß, den eigenen Stromverbrauch über Sonnenenergie zu decken. Das bestätigt auch die Handwerkskammer (Hwk) für Schwaben. Deshalb drängen immer mehr Anbieter auf diesen Markt. Doch nicht alle sind seriös, warnt die Hwk.

2022 war für ESS Kempfle ein Jahr großer Herausforderungen. Die Energiekrise habe die Nachfrage nach Fotovoltaikanlagen massiv befeuert. Doch diese Nachfrage traf auf weltweite Lieferengpässe. „Wir haben 2022 irgendwann aufgehört, weitere Anlagen zu verkaufen, um unsere Aufträge auch abarbeiten zu können“, erzählt der Firmen-Chef. Mittlerweile habe sich die Lage wieder entspannt. So schätzt es auch die Handwerkskammer für Schwaben ein. „Üblicherweise sollte eine Installation in vier bis sechs Monaten erfolgen“, so der stellvertretende Hauptgeschäftsführer, Alfred Kailing.

Nach wie vor seien die Auftragsbücher gut gefüllt, erzählt Wolfgang Kempfle. Der Markt wachse weiter und mit ihm die Zahl der Anbieter für die Montage von Fotovoltaikanlagen. „Weil der Bau wegen steigender Zinsen stark eingebrochen ist, gehen auch einige Baufirmen jetzt auf Solar“, so Kempfle. Auch Elektriker und Dachdecker würden sich vermehrt des Themas annehmen. Grundsätzlich sei es gut, dass Kollegen mit in das Geschäft einstiegen, um den Bedarf zu decken – sowohl jenen der Kunden, als auch im Hinblick auf den Beitrag, die Erderwärmung aufzuhalten. Allerdings sei nicht jedes Unternehmen, das einen Teil vom Kuchen abhaben wolle, auch der passende Partner für Kundinnen und Kunden. „Leider gibt es immer wieder unseriöse Montagebetriebe“, sagt Alfred Kailing.

Madeleine Kaldenbach von Elektro Pecher aus Friedberg hat ähnliche Erfahrungen. „Es gibt zurzeit immer mehr Ein-oder Zwei-Mann-Betriebe, die mit Kampfpreisen auf den Markt drängen.“ Leider sei die fachliche Qualifikation nicht immer in ausreichendem Maß gegeben. „Wir arbeiten mit einem PV-Gutachter zusammen, der uns berichtet, dass Anlagen nicht richtig angeschlossen oder die Monteure ohne Sicherung und Gerüst auf den Dächern unterwegs sind“, erzählt sie. Die Handwerkskammer empfiehlt daher, nur auf eingetragene Handwerksbetriebe zu setzen. Im Klimaschutznetzwerk der Hwk (www.klimaschutz-hwk-schwaben.de) seien entsprechende Firmen aufgelistet. Der Anschluss ans Netz sei zudem den Elektroinstallateuren mit entsprechender Zulassung vorbehalten, nennt Kailing ein weiteres wichtiges Kriterium.

Unternehmer hat eine eigene Akademie mit Übungsdächern aufgebaut

Geeignetes Personal zu finden, um den Anfragen gerecht zu werden, ist ein Ziel von Wolfgang Kempfle und seinen Kollegen. In Zeiten des Fachkräftemangels sei dies nicht immer einfach. Kempfle weicht deshalb bei seiner Suche auch nach Osteuropa aus. Hier könne man gute Beschäftigte finden. Weil bei der Installation von Fotovoltaikanlagen mehrere Gewerke zusammenarbeiten müssen– wie der Elektriker, der Dachdecker oder Zimmerer – versucht Kempfle, wie andere Unternehmen auch, Vertreter all dieser Branchen bei sich zu beschäftigen, um ein Angebot aus einer Hand machen zu können.

Er hat in Leipheim eine eigene kleine Akademie samt Übungsdächern aufgebaut, um Personal zu qualifizieren. Auch andere Unternehmen fahren entsprechende Programme. Kundinnen und Kunden empfehlen Wolfgang Kempfle und Madeleine Kaldenbach eine ausführliche Beratung. Jeder Fall sei individuell. Die Größe des Dachs, die Elektrik im Haus und der aktuelle Stromverbrauch seien unter anderem Merkmale, an denen es sich zu orientieren gelte, spiele man mit dem Gedanken, seinen Strom künftig aus Sonnenenergie zu gewinnen. Während für den einen eine großflächige Anlage passe, könne für den anderen auch eine sogenannte Mini- oder Balkon-PV das Richtige sein, sagt Kempfle. Eine solche gebe es schon für wenige Tausend Euro. Bei größeren Anlagen müsse man dagegen mit Kosten zwischen 10.000 und 30.000 Euro rechnen, so die beiden Experten.

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